Schleswig-Holsteinische Kirchengeschichte/1/041

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Schleswig-Holsteinische Kirchengeschichte
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hatte, wo sie es ungern duldeten, daß Fremde auch nur Eine Nacht unter ihnen blieben; sonst gastfrei und freigebig. Auf ihre alte Friesische Sprache hielten sie, die doch in Dialecten sehr verschieden selbst in wenige tausend Schritt von einander entlegenen Oertern; ihre alten Personennamen behielten sie bei. Mit Gold und Silber schmückten sie sich gern, jenachdem sie des Vermögens waren. Sie stellten gern Gastereien an; wussten beim Trunk sich schwerlich zu mäßigen. Ihre Sinnesart fröhlich, lebhaft, angenehm, fähig zu Studien. Leibesstrafen nach ihren Gesetzen felten, nur bei sehr großen Verbrechen, Todtschlag und Beschädigung aber mit Geld gebüßt. Die Gerichte waren mit, häufig nur auf Ein Jahr, erwählten Richtern besetzt, der Rechtsgang schnell, viele Sachen wurden durch Eide, Feuerprobe oder Zweikampf entschieden. Ihr Wort hielten sie hoch; den Handschlag als Eid. Das Volk war wenig zu fleischlichen Vergehungen geneigt; es wurde spät geheirathet und aus diesen Ehen erwuchs ein kräftiges Geschlecht bei reichlicher Nahrung an Milch- und Fleischspeisen. Aber Vieles hatte sich schon zu Emmius Zeiten verändert, was er beklagt und größerem Verfall entgegensieht; die Friesische Sprache war auch schon im Abnehmen, in den Städten fast unbekannt.

Es sind in dieser Schilderung viele Züge, die das Bild unsrer Nordfriesen darstellen, wenn gleich nicht zu verschweigen ist, daß einheimische Schriftsteller aus etwas späterer Zeit viel recht dunkeln Schatten in dies Bild hineinbringen, so z. B., wenn die Nordstrandinger 1615 von ihrem Pastoren Matth. Boäthius beschrieben werden, wie Dankwerth (Landesbeschreibung, S. 145) dessen Worte aus dem Lateinischen übersetzt anführt, und Dankwerth selbst (S. 92) sagt: „ist etwas daran, das Saxo schreibet: Frisii natura feroces, seynd von Natur freche Leute.“ Von jeher hat auf Alle das dem Friesen so eigenthümliche selbstständige Auftreten immer den meisten Eindruck gemacht, und zwar nicht immer einen günstigen, wonach denn das Urtheil Anderer über sie sich gestaltet hat. Wie aber jenes in der ganzen Nationalität stark hervortretende Selbstgefühl begründet ist in der eigenthümlichen, durch die Natur schon bestimmten Lage des Volks, so gründet sich darauf auch wieder des Volkes ganze Verfassung. Vielleicht nur mit Ausnahme der Alpenbewohner giebt es kaum ein Volk, das so ganz seinem heimathlichen Boden angehört als das der Friesen. Haben die Einzelnen es auch nie gescheut, in