Flur (Landwirtschaft)

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Engagement in der Flurforschung, Möglichkeit der Mitarbeit bei der Erfassung von Flurnamen: Historische Flurnamen finden sich in Urkunden von Ländereiübertragungen, Designationen oder Verzeichnissen von Ländereien und Appertinenzien von Eigenhörigen oder Zehntpflichtigen zur besseren Definition abgabepflichtiger Grundstücke. Die Erfassung solcher Flurnamen kann in Genwiki der Allgemeinheit präsentiert werden.

Hierarchie:

Familienforschung > Feldmark > Flur (Landwirtschaft)

Beispiel: Großer Hidding und Hidding, Flur in Sickingmühle
südlich vom Flußlauf der Lippe, in deren Überschwemmungsland
mit den Fluren Mersch, Hesterkamp, Bömenkamp und Weidenkamp

Einleitung

Mit dem Begriff „Flur“ wurde ursprünglich ein Teil der Feldmark bezeichnet, als ein komplexer Acker-, Wiesen- oder Weidenteil, mit in etwa ähnlichen Bewirtschaftungsformen oder –regeln.

Historische Flurnamen

Alte Flurnamen finden sich in Designationen oder Verzeichnissen von Ländereien und Appertinenzien von Eigenhörigen oder Zehntpflichtigen zur besseren Unterscheidung abgabepflichtiger Grundstücke. Erfasst wurde darin das ebene flache Nutzland, gleich ob Ackerland, Weide, Wiese oder Unland, teilweise auch nach Nutzart- oder -zweck. Die angeführten Flurgrenzen mit Landwehren, Bäumen, Gräben, Hecken, Steinen (Flurstein Markstein) markiert. Mit Einführung des Katasterwesens wurden Flurbücher. Flurregister oder Kataster angelegt.

Schriftsprache in der Amtssprache

Historische Flurnamen finden sich in zeitlicher Verkehrssprache in mittelniederdeutscher Kanzlei- und Rechtsprache auch in Protokollen und Aufschreibungen historischer Städte wieder. Es finden sich hier ebenfalls ungewohnte Zahlworte und Zahlzeichen wieder.

Jahr Ort Vorgang Abschrift Original
7.1.1647 Haltern Halteren
c/a
Syten wegen
den Heistern
ahnn der
Stockwiesche
Weihln Victor Hülsow eine Eichen Heister Uff
Hälterischem Grunde ahnn der Stockwischen , vor
diesem von jemandten gepottet , auß der erden
gehauen unnd Zu Branndtholtz geschlagen, so sein
die Dienern mit einigen jungen Bürgern unnd
Gesellen dorthin geschicket. Die haben auch andere
vom Halterischem Grunde nieder gefället und
mit denen zugleich des Victors Heistern uff drey
Wagens der Overhauser gelegt, einen Wagen
ahnn der Mühlen gelaßenn Unnd zween in
den Stathoff gebrachtt.
Stadtprotokoll vom 7. Januar 1647 im Lesepauker 2
Flurname: Stockwiesche

Parzelleneinteilung

Unabhängig von den Eigentumsverhältnissen (Einzelbesitz, Genossenschaft) wurde eine Flur zur besseren Bewirtschaftung in Parzellen aufgeteilt, welche nach ihrer Nutzungsmöglichkeit oder –art als Äcker, Wiesen, Weiden, Gärten, Unland, oder ihrer Form nach als Streifen, Blöcke, Kämpe oder auch nach der Besonderheit ihrer Lage, Eigenschaft, Eigentumsverhältnis und anderen verschiedenen Aspekten bezeichnet.

Diese Flurteile werden in Niederösterreich auch als Luß/Lüsse bezeichnet, in Weingegenden als Ried. Zusammenhängende Kleinkomplexe einer Flur (z.B. Gewanne oder Breden) konnten einen gemeinsamen Flurnamen tragen, besonders dann, wenn die Großparzelle eines Flurstücks (z.B. Gewann oder Brede) im Laufe der Zeit aufgeteilt worden war oder im Zuge einer genossenschaftlichen Rodung aus der Waldmark entstanden war.

  • Quelle: Schütte, Leopold: Wörter und Sachen aus Westfalen S. 240 ff. (2007), ISBN 978-3-932892-22-6

Die Aufteilung der Fluren und Parzellen erfolgte im Rahmen der Umstellung der Landwirtschaft auf Mehrfeldersysteme in Deutschland. Unter welchen Bedingungen diese genau eingeführt wurde ist nicht bekannt (2006). Die älteste erhaltene Urkunde, welche einen Hinweis darauf enthält, stammt aus dem Jahre 771.

  • Quelle: Hanssen, Agrarhistorische Abhandlungen, I. S. 154. Ebenso Inama-Sternegg, I. S.396 ff.

Anlage von Fluren

Fluren wurden von den Siedlern in zu unterschiedlichen Zeiten gegründeten Siedlungen angelegt. Bei den ersten Siedlungen erfolgte z.B. eine Aufteilung in Feld- und Waldmark. Im Hochmittelalter kam es zu einem erheblichem Siedlungswandel, welcher von veränderten Feudalstrukturen ausging, wobei neben Landesherren und ihren Ministerialen, auch Edelfreien auf ihrem Alodialbesitz, neue Burgen errichteten. Aber auch Klosterorden veränderten und prägten die Siedlungslandschaft neu. Es wurden bei Burgen und Klöstern entstandene Freiheiten mit besonderen Rechten ausgestattet, aus denen sich wiederum Städte entwickelten. Landesherren und Feudaladel gründete Städte und Märkte als zentrale Orte. Damit veränderten sich Besitzverhältnisse und Flurstrukturen.

Es ergab sich eine Mischung aus gewachsenen und gegründeten Siedlungen unterschiedlicher Art und unterschiedlicher Siedlungs- und Bewirtschaftungsmethoden in der Landwirtschaft. Auf die im Hochmittelalter zu hoher Intensität gelangte Siedlungslandschaft folgte durch Wüstung und Veränderung im Spätmittelalter ein deutlicher Niedergang, der, ausgehend von kaltfeuchten Sommern u. a. durch eine Agrarkrise, aber auch durch „Handel und Wandel im Ständestaat“ verursacht wurde.

Flurforschung

Erst durch die zunehmend interdisziplinäre Zusammenarbeit in der Flurforschung, in Verbindung zeitnaher Katasteraufnamen (die Urkataster zeigen teilweise Verhältnisse des Mittelalters auf), Flurnamenzuordnungen frühester Flurnamen zu den ältesten Parzellenzuschnitten, älterer Bodenartenbeschreibungen (Muterrollen, Steuerrollen Anfang des 19. Jahrhunderts), Beschreibung von Nutzungsarten und die Zusammenarbeit u.a. mit Geographen, Germanisten, Historikern und so weiter, lassen sich neuere und abgesicherte Erkenntnisse in der Flurforschung gewinnen.

Texterschließung

Weblinks