Chronik der Schotten-Crainfelder Familie Spamer/172

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Chronik der Schotten-Crainfelder Familie Spamer
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Betrifft's die eig'nen Kinder,
So sind die Eltern oft
Parteiischer und blinder,
Als man von ihnen hofft.
Doch wer mein Karlchen sahe,
Ein Jeder fand es schön;
Wer Eduard kam nahe,
Der blieb vor Staunen steh'n.
Besitzend solche Kinder
Und solch ein herrlich Weib,
Die alle drei nicht minder
An Seele schön, als Leib, —
Mußt' ich bei diesen Engeln
Nicht in dem Himmel sein? —
Im Glück, das frei von Mängeln,
Konnt' ich noch wünschen? — Nein.
Wo wohnt das Glück von Dauer
Auf unserem Planet?
Hüllt sich's nicht schnell in Trauer,
Wenn es am höchsten steht?
So sollt' ich nach zwei Jahren,
Am Neunten im August
Zum Ersten Mal erfahren
Den schrecklichsten Verlust!
Die Krankheit kam von selber,
Noch weiß ich nicht, woher;
Der Teint ward immer gelber,
Die Glieder wurden schwer.
Sie sprach: „In meinen Beinen
„Liegt eine Centnerlast,
„Drum, Lieber, mach auf meinen
„Abschied dich nun gefaßt!
„Jetzt kommt's, wie ich vor Jahren
„Von meinem Tod gesagt,
„Eh' wir versprochen waren.
„Damals hast du gelacht,
„Und wolltest mir nicht glauben,
„Daß mich der gier'ge Tod
„So bald dir könnte rauben,
„Weil ich so frisch und roth.
„Du hast mich doch gewählet,
„Ich danke dir dafür!
„Es hat mir nichts gefehlet,
„So lang ich war bei dir!
„Und ständ's in meinem Willen,
„O, ich verließ dich nicht!
„Doch muß ich ja erfüllen,
„Was mir das Schicksal spricht.
„Leb' wohl! Kalt sind die Glieder;
„Das Herz schlägt dir noch warm!
„Wir sehn uns droben wieder!!“ —
So starb sie mir im Arm.
Noch einmal mußt' ich küssen
Den frühverklärten Mund,
Um dadurch auch zu schließen
Für jene Welt den Bund.
Ich trug vom Sterbebette
Sie, an mein Herz gedrückt,
Allein zu jener Stätte,
Wo sie noch ward geschmückt.
Da kamen alle Frauen
Und Mädchen aus dem Ort,
Um sie noch anzuschauen,
Eh' man sie trage fort.
„Ach — schluchzten sie — wie schade,
„Daß Die schon soll vergeh'n
„In einer Todtenlade!
„Wie war sie doch so schön!„
Den Tröster jetzt zu trösten,
Bot manche ihm die Hand,
Der neben der Erlösten
Wie eine Leiche stand.
Die Brust war ihm zu enge,
Sein Athem allzu schwer,
Sein Wunsch: das Herz zerspränge
Und schlüge auch nicht mehr.
Dagegen ihr Vermächtniß,
Das mutterlose Paar,
Schrie laut ihm in's Gedächtniß,
Daß er noch nöthig war.