Schleswig-Holsteinische Kirchengeschichte/4/298

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Schleswig-Holsteinische Kirchengeschichte
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Der Graf Friedrich Reventlow wohnte mit seiner Gemahlin Julie, geborenen Gräfin Schimmelmann, seitdem er von seinem Gesandtschaftsposten in London abberufen worden, auf seinem Gute Emkendorf, und war als Curator der Universität Kiel von besonderem persönlichen Einflusse. Sein Bruder, Graf Cajus Reventlow, hatte seinen Wohnsitz zu Altenhof bei Eckernförde. In Verbindung mit diesen hochgestellten Männern stand ein Kreis geistreicher Gelehrten: Jacobi, der Wandsbecker Claudius, Cramer und Andere. Auch Friedrich Perthes, der Schwiegersohn von Claudius, wurde in diese Gesellschaft eingeführt. Durch die Stolberge war aber ein Zusammenhang vermittelt mit einem hervorragenden katholischen Kreise im Münsterlande, in dessen Mittelpunkt die Fürstin Galitzin stand, und zu welchem auch die Freiherren Droste zu Vischering, Caspar Max, später Bischof von Münster, und Clemens August, später Erzbischof von Cöln, gehörten. Wie eifrig der Curator Reventlow der Augsburgischen Confession ergeben war, wie überzeugter Lutheraner auch Claudius war, so wurde doch dadurch das Verhältniß zu jenem römisch-katholischen Kreise nicht gestört, vielmehr blieb die Offenbarungsgläubigkeit das gemeinsame Band. Allein auf den Grafen Friedrich Leopold Stolberg war diese Verbindung von so großem Einflusse, daß er im Jahre 1800 mit seiner Familie zu der katholischen Kirche übertrat. Dieser Uebertritt erregte in weiten Kreisen ein ungemeines und peinliches Aufsehen, und zog ihm in starkem Grade den Tadel ehemaliger Freunde zu, am schonungslosesten den Tadel von Voß.[1] Die Veranlassung dieses Schrittes lag darin, daß ihm die protestantische Kirche jener Zeit so zerfahren schien, daß er seinen Halt in derselben nicht mehr glaubte finden zu können. Der Uebertritt Stolbergs läßt sich zwar aus den damaligen Zuständen des Protestantismus erklären, aber nicht rechtfertigen. In der Zeit des Agenden-Streites hatte er noch die Kirche, in der er geboren und erzogen war, nicht aufgegeben, vielmehr sich derselben eifrig angenommen. Der römisch-katholischen Kirche ist er übrigens ergeben geblieben bis zu seinem Tode, der am 5. December 1819 auf seinem Gute Sondermühlen bei Osnabrück erfolgte. Er, wie mehrere Andere, die jenen Kreisen der Offenbarungsgläubigen angehörten, haben noch die Zeit erlebt, wo


  1. In der Zeitschrift „Sophronizon“ von Paulus in Heidelberg; s. auch Kahnis, Vortrag über Stolberg und Voß. Leipzig 1876.