Schleswig-Holsteinische Kirchengeschichte/4/045

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Schleswig-Holsteinische Kirchengeschichte
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Darauf ist zu antworten, daß das weder der Fall ist nach den Aussprüchen der Reformatoren, noch nach den Satzungen der reformatorischen Krichenordungen. Luther selber spricht sich in seinem Traubüchlein sehr bestimmt darüber aus und legt den Geistlichen nur die Pflicht auf, die Ehen einzusegnen: „so man von uns begehret, für (vor) der Kirchen oder in der Kirchen sie zu segnen, über sie zu beten oder sie auch zu trauen.“ In solchem Sinne führen auch unsere besten Lehrbücher[1] des Kirchenrechts es genauer aus, daß die Bekenntnißschriften sich über die Form der Eheschließung nicht ausgesprochen haben, und daß die Kirchenordnungen den überlieferten Rechtsstand unberührt ließen, und zwar so, daß der Schwerpunkt, wie nach dem canonischen Recht, in der Consenzerklärung lag. Die Verlobung war mithin eigentlich die Eheschließung, und die Einsegnung war die Ehebestätigung. Allein dieser kirchliche Act war nach allgemeiner Rechtsansicht des sechszehnten Jahrhunderts nicht zur Wesenheit der Ehe nothwendig. Doch schon im Anfange des siebenzehnten Jahrhunderts traten in der Uebung die Consenzerklärung und die Bestätigung durch die Einsegnung zu Einem Acte zusammen, zur Trauung im jetzigen Sinn, und zu diesem kirchlichen Acte sind dann auch durch die Gesetzgebung und die allgemeine Rechtsansicht beide Momente verbunden. Es lassen sich daher in der Trauung zwei rechtliche Momente unterscheiden, nämlich einerseits die Solennisirung eines bürgerlichen Vertrages, die feierliche Ertheilung des Jaworts (Copulatio), andererseits der kirchliche Act der religiösen Weihe (Benedictio).

Demnach hat das protestantische Kirchenrecht die seit Jahrunderten hergebrachte Förmlichkeit der priesterlichen Trauung zur rechtlich nothwendigen Form für die Eheschließung erhoben, mithin wurde, was bisher thatsächlich üblich war, eine Rechtsnothwendikgeit, so daß auch bei uns nach Landesgesetzen die kirchliche Trauung die einzige mögliche Form für die Eingehung der Ehe wurde. Das Kirchenrecht der Protestanten ging von der Ansicht aus, daß nach der durch Sitte und Gewohnheit der evangelischen Kirche bestimmten Rechtssatzung eine Verbindung, welcher die Trauung fehlte, die rechtlichen Wirkungen einer Ehe nicht haben könne, und daß der Anfangspunkt


  1. Eichhorn, Grundsätze des Kirchenrechts. II, S. 318 ff. Richter, Lehrbuch des Kirchenrechts. Aufl. V. (Leipzig 1858) S. 620 ff. Falck, Handbuch des S. H. Rechts, IV (Altona 1849), S. 380 ff.