Schleswig-Holsteinische Kirchengeschichte/3/284

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Schleswig-Holsteinische Kirchengeschichte
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jenen auswärtigen Kirchenordnungen der Periode ist in mehrfacher Hinsicht lehrreich, und wir können nicht unterlassen, darauf aufmerksam zu machen, wie sehr eine wissenschaftliche Vergleichung der zahlreichen territorialen Kirchenordnungen des sechszehnten Jahrhunderts für das kirchenhistorische Verständniß, wie für eine kirchenrechtliche Beurtheilung sowohl der durch die Reformation hervorgerufenen Gesetzgebung im Ganzen, als auch der einzelnen particulären Kirchenordnungen wesentlich beitragen kann.

Nach den protestantischen Kirchenordnungen des sechszehnten Jahrhunderts, in denen ein so reichhaltiger Stoff für die Geschichte der kirchlichen Verfassungsverhältnisse und Institutionen sich darbietet, hat jede Landeskirche ihre Eigenthümlichkeiten und ihre geschichtliche Individualität. In allen diesen evangelischen Kirchenordnungen herrscht aber der Grundgedanke, daß die christliche Obrigkeit nicht bloß berufen sei zum weltlichen Regiment, sondern auch zum Regiment in der Kirche: sie habe die Ordnung der rechten Cäremonien und der Verfassung aufzurichten, die Einheit des evangelischen Glaubens zu erhalten, das Predigtamt zu schützen, die Kirchenzucht zu hüten, die Consistorien einzusetzen, für die Ausstattung der Kirche mit dem nöthigen weltlichen Gut zu sorgen. Die Kirchenordnungen beziehen sich dabei stets auf die Pflicht der Obrigkeit nach göttlichem Gebot.

Zu dieser im Princip theologischen Begründung kam aber seit dem Jahre 1556 noch eine juristische[1], die nicht unwirksam blieb, indem sie in den einflußreichen Kreisen Billigung und Beifall fand. In dieser Argumentation der Juristen, die den actuellen Besitzstand zu rechtfertigen beflissen waren, lag der Kern darin, daß man in dem Augsburgischen Religionsfrieden eine Uebertragung der in der Kirchengewalt enthaltenen Rechte, die bisher dem Papste und den Bischöfen zugestanden hatten, auf die evangelischen Landesfürsten zu finden meinte. Der Religionsfriede hatte bestimmt, daß „die geistliche Jurisdiction wider die Augspurgischen Confessionsverwandten, Religion, Glauben, Bestellung der Ministerien, Kirchengebräuchen, Ordnungen und Ceremonien, so sie ufgericht ader ufrichten möchten, bis zu endlicher Vergleichung der Religion nicht exercirt, gebraucht oder geübt werden, — und also — bis zu endlicher


  1. Ludwig Richter, Geschichte der evangelischen Kirchenverfassung in Deutschland. (Leipzig 1851) S. 100 ff.