Epe (Bramsche)/Ansiedlung in Westpreußen und Posen

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Ansiedlung in Westpreußen und Posen

Um die Jahrhundertwende rief die Regierung zur Besiedlung des deutschen Ostens auf. Die großen Güter, meist in schlechtem Zustand, wurden vom Staat angekauft und in besseren Kulturstand gebracht.[1] Anschließend wurden sie aufgeteilt und an Interessenten verkauft. Für den Raum Bramsche übernahm Wilhelm Detering in Bramsche die Vertretung als Vertrauensmann der Königlichen Ansiedlungskommission. Nach entsprechender Reklame rief er im März 1899 zu einer Besichtigungsreise in das Ansiedlungsgebiet Posen und Westpreußen auf, dem sich zahlreiche Interessenten anschlossen.[2] Ein Zeitungsbericht informierte darüber: "Der "Zug gen Osten" ist in unserer Gegend zur Loosung geworden, nachdem erst einige Familien in Posen ansässig sind und dort eine zufriedene Heimstätte gefunden haben. Gegenwärtig befindet sich Herr W. Detering mit über 100 Ansiedlungslustigen auf der Besuchsreise, damit die Interessenten erst aus eigener Anschauung Land und Leute an Ort und Stelle kennen lernen können. Anscheinend stehen also bedeutende Auswanderungen nach Posen im Kreise Bersenbrück bevor."[3] 1902 veranstaltete Detering weitere Besichtigungsfahrten nach Posen und 1903 übernahm Otto Laumann aus Hemke diese Aufgabe.[4]

Eine im Dezember 1898 begonnene Liste verzeichnet alle Ansiedlungsbewerber aus dem Kreis Bersenbrück für Westpreußen und Posen.[5] Die meisten der 20 aus Epe stammenden Bewerber trugen sich offenbar sofort in die Liste ein. Nachfolgend die Eper Familien in der Reihenfolge ihrer Bewerbungen:

lauf.Nr.            Name                          in Heuer bei        verzogen 
38		Heinrich Schallenberg           Eckelmann		Frühjahr 1900
44		Wilhelm Thelmann		(Schwegmann)	        -
46		Wilbrand Budke	        	(Fischer)		-
53		Wilhelm Garlich	        	Horstmann		Frühjahr 1900
54		Heinrich Niemann		(Frankamp)	        -
55		Hermann Oevermann		Kottmann		Frühjahr 1900
57		Wilhelm Rohmann	                (in Bühren)	        1899
58		Hermann Schwankhaus		Wermert		        Frühjahr 1900
59		Hermann Stetefeld		Horstmann		Frühjahr 1900
60		Hermann Niemann 		(Niemann)		Herbst 1900
61		Wilhelm Lücke	        	Kiesekamp		Herbst 1900
92		Friedrich Weglage		Fischer		        Frühjahr 1900
107		Heinrich Hellmich		(Wermert)		Herbst 1900
119		Friedrich In der Stroth 	Wessling		Frühjahr 1901
132		Hermann Knabke		        (Kiesekamp)	        -
150		Heinrich Hagedorn		Hundeling		Frühjahr 1901
298		Heinrich Wübbold		(zur Horst)	        (1904)
...		Hermann Röwekamp		(Warning)		(1910)
...		Heinrich Endebrock		(zur Horst)	        8.6.1911
...		Brockmann, 6 Pers.		(Kottmann)	        1913

Die Familien aus dem hiesigen Raum siedelten u.a. in Mühlgrund, Widzim, Pogrzybowo, Slaborowitz, Steinichsheim, Ellerode, Gortatowo, Heinrichswerder und Altkloster.[6] Nicht alle Bewerber wagten jedoch den Schritt der Umsiedlung. Der erste Eper, der die Aussiedlung auf sich nahm, war offenbar Wilhelm Rohmann mit seiner Familie. Er verkaufte im April 1899 seine ganze Habe[7] und verließ seine Heimatgemeinde.

Leider gibt es nur wenig Nachrichten von den Siedlerfamilien. Die Familie Stetefeld siedelte in Steinichsheim in Posen. Ein August Stetefeld gehörte 1908 zu den Initiatoren eines Aufrufes in den Bramscher Nachrichten zu einer großen Sammlung für den Neubau eines Kranken- und Schwesternhauses in Posen.[8] Auch die Familie Hagedorn zog nach Posen.[9] August Weglage, ein Sohn des oben genannten Friedrich Weglage, meldete sich im Mai 1901 mit einem Brief an seinen Freund Heinrich Hitlenkämper in Epe.[10] Die Familie Weglage bewirtschaftete einen Hof mit 95 Mg. Land in Görzhof im Kreis Witkowo östlich von Posen. Er schrieb, daß sie gutes Land hätten und viel arbeiten müßten. Die Anschaffung von landwirtschaftlichen Maschinen verschlinge jedoch viel Geld, doch habe man im ersten Jahr 3.000 M. für die Ernte erhalten. Man hielt bereits 3 Pferde, 5 Kühe und 8 Schweine. August Weglage schlug seinem Freund sogar vor, einen freiwerdenden 120 Mg. großen Hof in der Nähe für 20.000 M. zu übernehmen. Außerdem schwärmte er von den vielen schönen Mädchen in Posen. In Bruzewo, ganz in der Nähe, lebte die Familie Sandmann, die offenbar auch aus der Eper Umgebung stammte. Nachdem August Weglage 1911 seine Heimat Epe besucht hatte, schickte er 1912 eine Ansichtskarte von seinem Hof an Heinrich Hitlenkämper.

Wie schwer und folgenreich diese Aussiedlung sein konnte, zeigt das Schicksal der Familie Röwekamp.[11] Die Familie Friedrich Röwekamp - in der Liste ist der Vater Hermann Röwekamp verzeichnet, der jedoch hier blieb - ein Bruder des Franz Rövekamp in Warnings Heuer, zog 1910 nach Götzendorf in Posen. Nach dem 1. Weltkrieg mußten die Gebiete abgegeben werden. Röwekamp war nicht bereit, die polnische Staatsangehörigkeit anzunehmen und kehrte mit seiner Frau Agnes und den Kindern Anna und Bernhard im November 1922 zurück zu den Eltern nach Epe. Für ihren verlorengegangenen Hof in Posen erhielten sie einen neuen Hof in Oberschlesien als Ausgleich. Im Juni 1923 verließen sie erneut Epe und zogen nach Lenkau, Kreis Cosel, das in der NS-Zeit in Wolfswiesen umbenannt wurde. Der 2. Weltkrieg aber machte auch hier alle Hoffnungen zunichte. Erneut verloren sie ihren Besitz und kehrten im Januar 1945 zurück in ihre alte Heimat. Sie kamen zunächst bei der Schwester des Vaters in Alfhausen unter. Noch heute leben die Nachkommen in unserem Raum.

Ein ähnliches Schicksal widerfuhr der Familie Hellmich. Heinrich Hellmich und seine Frau Lisette geb. Holtgrewe siedelten in Steinichsheim in Posen und feierten dort am 11. Juni 1916 ihre Silberhochzeit.[12] Auch sie verzichteten nach dem 1. Weltkrieg auf die polnische Staatsangehörigkeit und kehrten nach Epe zurück.[13]

Eine weitere Siedlungsaktion betrieb das Oldenburger Land zwischen 1912 und 1915. Eine Liste von Aussiedlerbewerbern verzeichnet für den gesamten Kreis Bersenbrück 23 Bewerber.[14] Unter ihnen war auch der Eper Pächter Ernst Hermann Wilhelm Meyer, der mit sechs Personen, 1500 M., 2 Pferden, 7 Kühen und 15 Schweinen im Oldenburger Land siedeln wollte. Eine Notiz besagt jedoch, daß er schließlich verzichtete.


Ein Verzeichnis der verwendeten Abkürzungen befindet sich hier.


  1. Hofakten Kiesekamp
  2. BN 18.3.1899
  3. BN 17.5.1899
  4. BN 21.2.1903
  5. StAO Rep.450 Bers. Akz.21/84 Nr.633
  6. BN 13.10.1908
  7. BN 5.4.1899
  8. BN 13.10.1908
  9. kath. Schulchronik
  10. Familienakten R. Goda
  11. Einwohnermeldeamt Bramsche; F. Röwekamp, Hollage
  12. BN 8.6.1916
  13. Hofakten Plümer
  14. StAO Rep.450 Bers. Akz.21/84 Nr.1145