Personenstandsgesetz

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Einleitung

Das deutsche Personenstandsgesetz regelt die Registrierung von Geburten, Heiraten, Sterbefällen und andere Änderungen im Personenstand der Familie in Deutschland und damit auch die Aufbewahrung der seit dem 1. Januar 1876 im damaligen Deutschen Reich erstellten Personenstandsregister sowie deren Benutzung. Den aktuellen Gesetzestext findet man unter: Personenstandsgesetz Dieser Artikel behandelt das deutsche Gesetz.

In Österreich gibt es ebenfalls ein Personenstandsgesetz (PStG), in der Schweiz wird der Begriff Zivilstand verwendet. In Österreich gibt es erst seit 1939 Standesämter. In der Schweiz wurde das Zivilstandsamt 1876 eingeführt.

Geschichte

Die Vorgeschichte des heutigen Personenstandsgesetzes einschließlich des noch bis zum 31. Dez. 2008 geltenden Gesetzes wird im Artikel Personenstandsgesetz. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. behandelt. Einzelheiten nach dem alten Gesetz regelte die Dienstanweisung des Bundesinnenministeriums für Standesbeamte. Die erste Fassung des Gesetzes vom 6. Februar 1875 befindet sich auf Wikisource: [1].

Für die Familienforschung hinderlich war die bis 2008 geltende Regelung, dass alle Personenstandsunterlagen ab dem 1. Jan. 1876 für Zwecke der Familienforschung nur direkten Nachfahren zugänglich waren. Nach einem viele Jahre andauernden Gesetzgebungsverfahren wurde am 23. Februar 2007 das Personenstandsrechtsreformgesetz (PStRG) im Bundesgesetzblatt (BGBl I, Nr. 5, S. 122 ff.) veröffentlicht. Die - teils grundsätzlichen - Änderungen in der Registerführung, die sich eher auf die Zukunft beziehen und daher für die genealogische Forschung erst zukünftig relevant werden, sind hier nicht beschrieben, finden sich aber im Artikel Personenstandsrechtsreformgesetz. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Aus Sicht der Familienforschung bringt das Gesetz jedoch grundlegende Verbesserungen beim Zugang zu Personenstandsurkunden, die am 1. Januar 2009 in Kraft getreten sind.

Neue Fristen seit 2009

Nach §5(5) PStG werden die Personenstandsregister während der folgenden Fristen bei Standesämtern fortgeführt, d. h. es erfolgen noch Eintragungen:

Eheregister (und Lebenspartnerschaftsregister) 80 Jahre
Geburtenregister 110 Jahre
Sterberegister 30 Jahre

Nach Ablauf dieser Fortführungsfristen müssen die Register und die zugehörigen Sammelakten den zuständigen öffentlichen Archiven zur Übernahme angeboten werden (§ 7 PStG). Ob dies z.B. die Staatsarchive, Personenstandsarchive (in Nordrhein-Westfalen) oder kommunale Archive sind, hängt von den (je nach Bundesland unterschiedlichen) archivrechtlichen Vorschriften (§ 7 PStG) ab (siehe den Abschnitt in diesem Artikel sowie den Artikel Archivgesetz)

Mit dem Ende der genannten Fortführungsfristen (also nicht erst nach der tatsächlichen Abgabe an das Archiv) gelten für die Benutzung die archivrechtlichen Vorschriften (§ 61 Abs. 2). Da diese in der Regel gegenüber dem PStG kürzere oder zumindest gleiche Sperrfristen vorsehen, stehen nach Ablauf der oben genannten Fristen die Register für die genealogische Forschung weitgehend frei zur Verfügung. Allerdings können Beischreibungen noch einer Schutzfrist unterliegen.

Ab dem 1. Januar 2024 stehen damit also zur Verfügung

Eheregister bis 1943
Geburtenregister bis 1913
Sterberegister bis 1993

Danach werden - im Gegensatz zur Regelung bis 2008, die alle Register ab 1876 weitgehend von der Benutzung durch Familienforscher ausschloss - im Laufe der Zeit jeweils weitere Jahrgänge für die Familienforschung verfügbar.

Benutzung vor Ablauf der Fristen

In einigen Fällen ist die Ausstellung von Urkunden auch vor Ablauf der Fristen möglich. Selbstverständlich bezieht sich diese Möglichkeit nur auf die einzelne Urkunde - eine Durchsicht der betreffenden Bände ist weiterhin nicht möglich.

Ehe- und Lebenspartner, Vorfahren und Abkömmlinge

Vor Ablauf der Fristen ist zunächst wie bisher die Benutzung für Zwecke der Familienforschung, die nach allgemeiner Rechtsprechung ein berechtigtes Interesse, aber kein rechtliches Interesse begründet, auf Ehepartner bzw. Lebenspartner, Vorfahren und Abkömmlinge der von der Urkunde betroffenden Person beschränkt.

Geschwister über 16 Jahre

Beim Geburten- und Sterberegistern reicht allerdings nun ein berechtigtes Interesse aus, wenn ein Geschwister des Kindes bzw. des Verstorbenen einen Antrag auf Erteilung einer Personenstandsurkunde stellt. Antragsbefugt sind aber nur Personen über 16 Jahre (§ 62 Abs.1 PStG).

30 Jahre nach Tod des „letzten Beteiligten“

Eine weitere Möglichkeit der Benutzung eröffnet jetzt § 62 Abs. 3 PStG: Vor Ablauf der Fristen reicht ein berechtigtes Interesse (wie etwa Familienforschung) auch außerhalb des Kreises der nächsten Angehörigen aus, wenn seit dem Tod des zuletzt verstorbenen Beteiligten 30 Jahre vergangen sind. Beteiligte sind danach:

  • Beim Geburtsregister: Die Eltern und das Kind
  • Beim Heiratsregister: Beide Ehegatten (bzw. Lebenspartner)
  • (Beim Sterberegister gilt mit dem neuen Gesetz ohnehin eine Frist von 30 Jahren)

Benutzung von Einträgen über besondere Personengruppen

Besondere Regeln gelten bei Einträgen über adoptierten Kinder (§ 63 Abs. 1 PStG), Transsexuelle (§ 63 Abs. 2 PStG) sowie Personen, die auf Grund einer besonderen Gefährdung einen Sperrvermerk eintragen lassen können (§ 64 PStG).

Ausnahmen für wissenschaftliche Forschungen

Die weitergehende Benutzung für wissenschaftliche Zwecke ist in § 66 PStG geregelt. Er gilt für Hochschulen, andere[n] Einrichtungen, die wissenschaftliche Forschung betreiben sowie öffentliche Stellen. Voraussetzung ist, dass eine Nutzung anonymisierter Daten nicht möglich oder die Anonymisierung mit einem unverhältnismäßigen Aufwand verbunden ist und das öffentliche Interesse an der Durchführung des Forschungsvorhabens die schutzwürdigen Belange des Betroffenen an dem Ausschluss der Benutzung erheblich überwiegt. Die Benutzung muss durch eine oberste Bundes- oder Landesbehörde oder eine von dieser bestimmte Stelle genehmigt werden. Die Daten sind so weit und so früh wie möglich zu anonymisieren. Die Veröffentlichung hierdurch erlangter Daten ist nur zulässig, wenn die Betroffenen, im Falle ihres Todes deren Ehegatten und Abkömmlinge, eingewilligt haben. Stattdessen ist für bestimmte Forschungsvorhaben über Ereignisse der Zeitgeschichte auch eine Genehmigung durch die zuständige oberste Bunds- oder Landesbehörden möglich; dabei dürfte jedoch nicht an genealogische Forschungen gedacht sein.

Die Umsetzung des neuen Gesetzes ab 1. Januar 2009

Mit der Umsetzung des neuen Personenstandsgesetzes beschäftigte sich das 5. Detmolder Sommergespräch am 27. August 2008 im Landesarchiv NRW Staats- und Personenstandsarchiv Detmold. Der Tagungsbericht von Bettina Joergens gab einen Überblick über den Diskussionsstand zu dem Thema und die zu erwartende Umsetzung des Gesetzes in den verschiedenen Bundesländern. Dies betraf auch die Frage, welche Archive ab 2009 die Personenstandsbücher übernehmen würden und wie die Benutzung während einer gewissen Übergangszeit ab 1. Januar 2009 geregelt sein würde.

In Nordrhein-Westfalen befanden sich bereits die (Zweit-)Register bis zum Jahre 1938 in den Personenstandsarchiven (vgl. Personenstandsarchiv Brühl, Abschnitt Bestände). Die darüber hinaus ab 2009 zu Archivgut werdenden (Zweit-)Register (dies betrifft zunächst die Sterberegister von 1938 bis 1978) werden nun ebenfalls jährlich den Personenstandsarchiven übergeben. Die (Erst-)Register werden in Nordrhein-Westfalen den zuständigen kommunalen Archiven (Stadt-, Gemeinde- oder Kreisarchiv) angeboten und von diesen übernommen.

In den übrigen Bundesländern wurden die kommunalen Archive (Stadtarchive oder Kreisarchiv) zuständig für die (Erst-)Register. Da in manchen Regionen z.B. Kreisarchive kaum existieren und viele Stadtarchive sehr knapp ausgestattet sind, wird vereinzelt davon auch abgewichen. Weitere Fragen ergaben sich daraus, dass die Zweitschriften der Personenstandsregister (die allerdings im Gebiet der ehemaligen DDR aus der Zeit bis 1990 nicht mehr existieren) getrennt aufbewahrt werden sollten. So teilten einige Bundesländer die Erst- und Zweitschriften zwischen Kommunal- und Staatsarchiven auf.

In kleineren Gemeinden wird zum Teil so verfahren, dass die älteren, zu Archivgut gewordenen Personenstandsbücher in den Räumen des Standesamtes bleiben und ein Standesbeamter in einer Doppelfunktion zugleich als Gemeindearchivar tätig ist, während die Zweitschriften voraussichtlich dem jeweiligen Staatsarchiv übergeben werden.[1].

Bezüglich der Sammelakten wird teilweise deren Vernichtung wegen Platzmangels in den Archiven diskutiert, was aus Sicht der genealogischen Forschung außerordentlich zu bedauern wäre. In Fällen, in denen die Sammelakten bei den Standesämtern verbleiben, wird berichtet, dass hier die Standesämter nach dem (bisher in § 48 der Dienstanweisung niedergelegten) Grundsatz verfahren, dass nur die Übermittlung solcher Angaben und Unterlagen gestattet ist, die für Zwecke der Beurkundung des Personenstandsfalles erhoben worden sind[2].

Die Umsetzung des neuen Gesetzes stellte für die Standesbeamten und die zuständigen Archive in den ersten Monaten des Jahres 2009 eine erhebliche Herausforderung dar.

  • Präsentation von B. Joergens, Landesarchiv NRW zur Umsetzung des neuen Personenstandsgesetzes in NRW.

Anmerkungen

  1. So berichtet der Leiter eines kleinen Standesamtes in Bayern über die genealogische Mailing-Liste Bavaria-L am 30. Dez. 2008.
  2. Mitteilung des Leiters eines kleinen Standesamtes in Bayern aufgrund einer Dienstbesprechung, über die genealogische Mailing-Liste Bavaria-L am 30. Dez. 2008.

Weblinks