Kahnschiffer aus dem Memelland

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Familie Schlenther auf ihrem Kahn "Josephine" (Bild: Wilfried Löwrigkeit)
Kurisches Haff 1897



Kahnschiffer nach Kreisen

Folgende Personen waren Kahnschiffer, Schiffsführer, Kahnmatrosen oder Dampfbootführer auf den Flüssen in Ostpreußen.

Kreis Heydekrug

Familiennamen in:

Akminge: Gleich, Jurgan, Kuch.

Antonischken: Gleich [5].

Atmath: Girnat, Pauleit, Szameitat.

Colonie Bismark: Schweders, Zirpins [6].

Gr. Kohlberg: Auscher.

Heydekrug: Gerwin, Holstein, Killokat, Kukillis, Lenkeit, Neumann.

Gr. Heydekrug: Neumann.

Gr. Kohlberg b. Russ: Auscher.

Jodekrant: Illian.

Karkeln: Aginski (alias Oginski), Böttcher, Heinscher, Joh, Mölchert, Schenk [7].

Kuwertshof: Herberger [8].

Minge: Dommasch, Gröger [9], Krause, Schluszas.

Russ: Albrecht, Anstipp [10], Arend, Arndt, Auscher [11], Bagaschewski, Bagdahn, Becker, Bendszus, Blaasch, Böckschuß, Bom, Borm, Brock, Buddrins, Buddrius, Burchard, Burchardi, Burchardt, Carsjens, Dewileit, Dickscheit, Donner, Faust, Fischer, Gaikus, Gailus, Galdicks, Gallius, Gascheit, Gelscheit, Gennies, Genschke, Gerhardt, Gleich [12], Gorgel, Grimm, Herberger, Hoff, Holstein, Hübner, Jackschies, Jacksteit, Josupeit, Jureit, Jurgeneit, Jurjahn, Kahlau, Karzinowski, Klaus, Kleineit, Kodjahn, Kohn [13], Krüger, Kubillis, Kubillus, Kubuteit, Kuhnke, Kurschel, Küßner, Laaser [14], Liebenkreuz [15],Loops, Lorenz, Markscheit, März, Matzick, Meklenburg, Oertel, Palkus [16], Patraksch, Plaugsties, Plokschus, Podlich, Puchert, Puknies, Raudies, Reidies, Reszies, Riemann [17], Ristau, Rizteleit, Roschelt, Ross, Rubries, Saunus, Schaar, Scherrwitz, Scheteit, Schillgallis, Schillock, Schlenther, Schmid, Schmidt, Schorning, Schubries, Schukies, Schulz, Schwertfeger, Seeland, Simoneit, Skerstins, Skorloff (Schlepper "Helmut"), Skroblies, Sonder, Spitzkeit, Stolzkowius, Strauss, Tiedke, Tiwellis, Trutenau, Westphal, Wiesbahr, Wiesbar, Zebedies, Ziemus.

Schakuhnen: Fröse, Mertens.

Szlazen: Pallaks.

Skirwitell: Budrus, Luttkus, Skorloff (Reisekahn "Henriette").

Sziesze: Bekennt, Bleth, Borowski, Druske, Gleich [18], Grollis, Herberger, Hoffmann, Jacobeit, Jandzus, Kallwelles, Palkus, Rittens, Rosfeld [19], Schorning, Skorloff [20] [21], Stegmann, Trutmann, Wallentowitz, Weiß, Wieberneit [22], Wirellis.

Szieszekrant: Naused, Reichelt [23],Schapeit.

Sziesgirren: Lukies.

Kreis Memel

Eveline HEMPEL begleitet ihren Bruder Otto HEMPEL auf der Reise nach Memel - Zollamtgebäude im Hintergrund - um 1930 -1933 (Bild: Wilfried Löwrigkeit)

Familiennamen in:

Bommelsvitte: Branz, Bustanowitz, Kombartsky, Kuhnke, Reinis.

Drawöhnen: Brinkies [24].

Lankuppen: Abromeit.

Memel: Adler, Albrecht, Allies, Appelhagen, Arius, Auschra, Balzereit, Barwa, Bellmann, Bertuleit, Blitzner, Borowski, Braeck, Buchsteiner, Carus, Däge, Dieckmann [25], Diedering, Droese, Drons, Falk, Frey [26], Fritschke [27], Griewenka, Grigull, Grischkeit, Griwenka, Griwing, Gronau, Grossmann [28], Haneberg, Harms, Hausberger, Henneberg, Hennig, Herberger, Herrmann, Hinzke, Hoffmann, Jahn, Jahn & Wiese, Jarkeit, Joneleit, Jusseit, Kaatz, Kaiser, Kakschies, Kalkus, Karzinowski, Kaufmann, Kohn, Kolbe, Kossowski, Kuczarin, Lapehn, Lapöhn, Lehmann, Leidig, Leonhardt, Leppert, Licht, Liedtke, Mantroitz, Masurkewitz, Mattern, Melenk, Melien, Memel-Cranz, Model, Moir & Co, Nensetzer, Ostpr.Bsch.A, Paikies, Papendieck, Patonsky, Peikies, Pfeiffer, Pietsch [29], Podszus, Poek [30], Reinis [31], Riech, Riemke, Riep [32], Rimkeit, Ristau, Roeder, Roesler, Sablonski, Sahnwald, Sarin, Scharffenroth, Schmidt, Schönrock, Schwedersky, Schwellnus, Sergies, Siedler, Skories, Stanntien, Stantien, Stein, Strugies, Taleikis, Tomaske, Weiss, Westphal, Wicht, Wirschuleit, Zinck, Zink.

Nidden: Frischmann, Hermann.

Schillgallen b. Memel: Wenskus [33].

Schmelz: Kohn, Mitzkus.

Schwarzort: Jourgaht.

Schwenzeln: Zwickies.

Süderspitze: Branz, Brunke, Lorenz [34], Gwildis.

Vitte: Hermann.

Kreis Pogegen

Kahn Ostland der Familie Ernst Paul LÖWRIGKEIT von Schmalleningken auf dem Haff (Bild: Wilfried Löwrigkeit)

Familiennamen in:

Abschruten: Smettons.

Antuppen: Mazat.

Baltupoenen: Bartelitins, Bartolicius, Bertaschus [35], Bertschat, Buttckereit, Hampel, Jakstadt Johann [36], Josupeit, Kaspereit, Kiauka [37],Kolbach, Kroll, Kühn, Matzat, Micoleit, Mikkoleit, Mikoleit [38], Narkus, Nickeleit [39], Norkus [40], Papendik, Plauschenat, Preikschat, Preukschat, Schedetztki, Schemat, Schlenther, Schmidt, Szalinsky [41], Trutenau, Trutnau, Werpekat, Willumeit.

Bardehnen: Kropat.

Bittehnen: Arndt, Dahlmann, Gallien, Hahn, Hussing, Kaubs Köppen, Kropat [42],Reschkewitz, Schillinski, Wilm.

Kallwehlen: Augustat, Barowski, Diszowski, Fischer, Haasler, Herbst, Hochwald, Hübner, Juschkat, Käckstadt, Klaudis, Koch [43],Lapat, Matzat, Milkereit, Naujoks, Pettschulat, Poek, Preugschat, Schilling, Stern Stoltz, Szambien, Wainowski, Wannagat, Wespekat.

Kassigkehmen: Aschmann, Biefeldt, Nürnberger.

Kl. Karczewischken: Danull, Gleich, Kausch, Kuprath.

Kreywöhnen: Jackstadt [44].

Lasdehnen (Memelland): Kaschubs, Stotzka [45].

Milchbude: Hahn [46].

Pagschen: Pikuhn [47].

Pagulbinnen: Bartenwerfer Rudolf [48], Becker, Brettschneider, Brock, Dirschewski, Dirszowski, Fischer, Fuhrmann, Gronau, Josepeit, Jurgeit, Krause, Lampe, Leidig, Matschulat, Mattegat, May, Paulikat, Reimann, Rode, Rodtz, Röske, Schulz, Skulszus.

Pakallnen: Endrikat [49], Riech [50], Runde [51], Schaak [52], [53], Wenzel [54].

Pogegen: Millatis.

Schillehnen: Balzereit, Dzonn, Hahn, Hempel, Husing, Jahn, Kropar, Szon.

Schmalleningken: Amelang [55], Amerlahn, Bajorath, Balzereit, Barkschat, Bartenwerfer Paul [56], Beister, Bendurath, Biefeldt, Borrmann, Brettschneider [57], Brillinger, Brozeit, Bruisch, Danull, Dirschewski, Drohsies, Droksler, Fuhrmann Otto [58], Gawehns, Gawens, Gigar, Gleich [59], Gräber, Graudszus, Gronau, Hempel Adolf [60], Hübner, Hufnagel, Jacobeit, Jahnke, Jakubeit, Kausch, Klaudat, Klaudies, Knobbe, Krause, Krüger, Kühn, Lewrigkeit Christlieb [61], Löwrigkeit Otto [62], Lippke, Mallien, Matzat, Milkereit, Nagat, Neumann, Nirrenberger, Paulick, Peck, Petschulat [63], Philipp, Plauschinat [64], Preugschat Emil [65], Reimann, Rosfeld, Sanowski [66], Schillgallis [67], Schimkus, Schlegelberger, Sprengel, Stankat, Stannat [68], Stepport, Stokat, Teichert, Urbanowitz, Weigel, Wildies, Wittke, Zietmann, Zweibat.

Schmalleningken-Augstogallen: Awiszus, Bartenwerfer, Berger, Biefeldt [69], Borrmann, Danull [70], Dirschowski [71], Gawehns, Gensch, Gerull [72], Gigarr, Gleich, Hennig, Husing, Josupeit, Junkereit, Jurrat, Kaspereit [73], Keil, Knabenschuh, König, Krause, Krieger, Kuprat [74], Laukewitz, Lekies, Löwrikeit [75], Opasnow, Peters, Philipp, Preugschat Paul [76], Preuß [77], Sakals, Schlenther [78], Schlupsna, Schossau, Schweigert, Sprengel, Steffenhagen, Szambien [79].

Schmalleningken-Endruschen: Augustat, Borrmann, Gawens, Jokubeit, Klaudat, Kories, Lenz, Meyer, Mickoleit, Neumann, Pettschulat, Schamschies, Schneider, Schrader, Thiel, Zweibat.

Schmalleningken-Wittkehmen: Aschmann, Awiszus, Bagdanowitz, Bajorat, Balzun, Barsties, Bartenwerfer, Beister [80], Bensing, Biefeldt, Decker, Gawens, Genendsch, Gigar, Graudszus, Gronau, Husing, Jackstadt, Jahnke, Kaspereit, Kassulat, Kebeiks, Klimat, Kolbach, Krause, Krohm, Lehmann, Lewrigkeit, Lübke, Matschulat, Matzat, Mikoleit, Petschulat, Petschulatt, Philipp, Preikschat, Ramonat, Schimkat, Schimkus, Schmidt, Schossau, Stannat, Stannkat, Teichert, Tomoscheit, Weigel, Zweibat.

Sokaiten: Grunau, Josepeit, Jurgutat.

Übermemel (Tilsit): Aschmann, Kupstat, Laaser, Nabereit, v.d.Werth.

Uszballen: Schweisinger.

Uszpirden: Bendik [81], Blaasch [82], Paskowsky [83], Urban [84].

Usztilten: Schliepat, Wolf [85].

Weszeningken: Kolbach.

Winge: Bendick, Döllert.

Wischwill: Abraham, Adomeit, Bartenwerfer, Breck, Brock, Henneberg, Jegminat, Josupeit, Kle..., Kohlbach, Kollbach, Lascheit, Loscheit, Ludszuweit, Mikoleit Johann [86], Preugschat, Szugs.

Weitere Kahn-Bilder

Kahn Ruhrort von Ernst Paul LÖWRIGKEIT. In Berlin auf der Durchreise vom Rhein nach Memel 1929 (Bild: Willfried Löwrigkeit)
Havarie: Kahn von Otto Emil Robert HEMPEL (Bild: Willfried Löwrigkeit)


Leben der Kahnschiffer

Wie es bei den Kahnschiffern auf der Memel zugegangen ist, beschreibt Paul Brock in seinem Buch “Der Strom fließt” (1940):

"Und die Schiffer fahren mit ihren Kähnen, zwei- und dreimastig, stromauf und stromab, beladen und leer. Sie kommen von Königsberg oder Tilsit, fahren nach Kaunas; sie kommen von Kaunas und fahren nach Memel, fahren nach Danzig, segeln, lassen sich von der Strömung treiben, oder sie lassen sich von den Dampfern mit den großen ächzenden Schaufelrädern zu Berg und Tal schleppen, je nach Wetter und Wind.

Sie begegnen einander und rufen sich Grüße zu, wissen den anderen an der Farbe des Bootes oder an der Bauart oder der Länge des Klüverbaumes zu erkennen: das ist der Schiffer Szestokat, und jenes Plauschenat und Skorloff oder Blaasch, alles alte ehrwürdige Namen; sie sagen "du" zueinander, weil sie alle versippt und verschwägert sind, fragen nach Ladung und Ziel, und die Frauen geben einander Auskunft über die Kinder, über Gesundheit und Wohlergehen, sie winken, sind froh und fahren aneinander vorbei. ...

In diesem Dorf wohnen also die meisten Schiffer. Wenn es Winter wird und die Bauern ihre Stuben heizen und es darin nach Weihnachten riecht, sind eines Tages die Schiffer da. Das ist nun schon an die hundert Jahre so gewesen. Die ältesten Bauern wissen es nicht anders, als daß um Weihnachten ein Wald von Masten zwischen ihren Äckern und Wiesen wächst. Die Kassick ist eben ein schöner Hafen, das hat der liebe Gott so eingerichtet, weil er väterlich für seine Schiffer sorgt. Er ist den Schiffern gut.

Sie kommen nicht alle zugleich; ein Kahn nach dem anderen, ein Boydak nach dem anderen geht vor der Mündung der Kassick vor Anker. Dann kommt ein Kind oder ein Matrose, oder es kommt der Schiffer selbst zum Dorf gelaufen, zu einem bekannten Bauern, daß er seine Pferde anschirrt und mit ihnen hingeht, den Kahn in die Kassick hineinzutreideln. Wenn das Fahrzeug an einem Weidenbaum festgemacht ist, dann holt der Bauer den Leiterwagen und lädt alles Hausgerät darauf, welches der Schiffer in den Kajüten mitführt; das wird in die Wohnungen gebracht. Eigene Häuser haben nur die Kahnschiffer; die Boydakschiffer wohnen bei den Bauern und Handwerkern zur Miete.

Die letzten Kähne kommen erst, wenn auf dem Strom schon Grundeis geht und man nicht mehr gern den Rücken vom Ofen wegnimmt. ... Die Bauern steigen in ihre Keller hinab und tragen die Vorräte heraus. Die Schiffer brauchen viel: sie brauchen Kartoffeln und Gemüse, sie brauchen Fleisch und Eingemachtes. Die Schiffer zahlen gut; sie bringen bares Geld. Die Bauern können ihre Zinsen bezahlen und den Frauen warme Kleider kaufen, vielleicht sogar ein schwarzes Kirchenkleid oder einen Mantel. ... Im Krug führen die winterlichen Gäste ebenfalls das Wort, die erwachsenen natürlich, und klimpern mit den Händen an dicken, goldnen Uhrketten, die sie groß über der Weste tragen." [1]


Kahnschiffarten

Skizze der Weichsel-, Pregel- und Memelschiffe (1902) [2]
Kahn Berta aus Schmalleningken
Kurischer Reisekahn Henriette in Skirwietell (Ernst Skorloff, ca. 1930-1944) © www.Bildarchiv-Ostpreussen.de [3]


Kurenkahn

Der Kurische Reisekahn (Abb. 25 bis 28) ist ein hölzernes Haffschiff, das auf dem Memelstrom, Kurischen Haff, Deime, Pregel, Frischen Haff, bis Elbing, auf der unteren Weichsel und bis Danzig verkehrt. Die auf diesen Wasserstraßen vorhandenen Brücken sind mit Durchlaßöffnungen für die festen Masten dieser Schiffe versehen. Sie tragen deren einen oder zwei (wie in der Abbildung), zuweilen noch einen kleineren Treibermast am Heck. Sie sind gedeckt und zum Segeln mit reichlicher, fester Takelung ausgerüstet. Neuerdings werden nur größere Reisekähne von 100 t bis 250 t Tragfähigkeit gebaut. Sie sind über alles 25 m bis 35 m (selten bis 40 m) lang, 5 m bis 6,4 m breit und an der Seite mittschiffs 1,8 m bis 1,9 m hoch. Der Leertiefgang beträgt etwa 0,4 m, der größte Tiefgang 1,6 bis 1,8 m. Die Schiffe sind sehr kräftig gebaut und darum schwer. Die Lebensdauer kann 30 Jahre betragen.

Der mittschiffs befindliche Laderaum hat im festen Deck auf ganzer Länge eine Luke, deren Luksülle nach Art eines Tennebaums angeordnet und „Rieswände“ genannt werden. Der vordere Teil ist 0,4 m hoch, der hintere ist höher und dient im hintersten Stück als Küche und Kajüteneingang (Abb. 25). Ringsherum läuft ein Bordgang von etwa 1 m Breite. Die Luke wird durch gekrümmte Lukendeckel geschlossen, die auf Rinnsparren (Rinnbogen) ruhen. Zum Löschen und Laden wird die Gaffel und eine einfache, am vorderen Mast angebrachte Winde benutzt, die auch zum Verholen dient. Am Bug ist eine hölzerne Ankerwinde zwischen den Bordwänden eingebaut, die mit hölzernen Handspeichen bewegt wird. Für den Boden wird in der Regel Fichtenholz, im übrigen Eichen- oder Kiefernholz verwendet. Das kurze, hohe Ruder ist durch Fingerlinge am Hintersteven befestigt.

Die Form ist aus den Linienrissen (Abb. 27) ersichtlich. Das Schiff hat viel Lehnung und Ablauf, ist am Vorsteven scharf und nach dem Hintersteven stark eingezogen, sodaß es gut steuert. (1912) [4]

Kurenkahn, Abb. 25 (1912) [5]
Kurenkahn, Abb. 26 und 27 (1912) [6]

Kurenkähne gab es in verschiedenen Bauweisen und Größen, die unterschiedlichen Nutzungen unterlagen. Für weitere Informationen siehe auch auf der GenWiki-Seite Kurenkahn und bei Wikipedia Kurenkahn.

Boidack

Der Boidack (auch Boydack) (Abb. 29-31) ist ein offenes, hölzernes Flußschiff, das auf den meisten Wasserstraßen Ost- und Westpreußens verkehrt, aber im allgemeinen nicht hafflüchtig ist. Es hat einen oder zwei feste Masten und Sprietsegeltakelung einfacher Art. Neuerdings werden nur größere Boidacks von 150 t bis 350 t Tragfähigkeit gebaut, die über alles 35 m bis 50 m lang, 5,5 m bis 7,5 m breit und an der Seite 1,3 m bis 2 m hoch sind. Der Leertiefgang beträgt etwa 0,3 m, der größte Tiefgang 1 m bis 1,7 m. Die Schiffe sind leicht gebaut und haben nur eine Lebensdauer von etwa 10 Jahren.

Im Hinterschiff ist eine Kajüte eingebaut, an die sich ein kurzes Hinterdeck anschließt. Auf dem kurzen Vordeck ist gewöhnlich eine kleine eiserne Ankerwinde aufgestellt und darunter befindet sich ein Schlaf- oder Geräteraum. Bei den Masten sind gleichfalls kleine Brückendecks angeordnet, die zur Versteifung dienen. Außerdem ist der Laderaum in Abständen von etwa 3 m durch Duchten versteift. Zur Längsversteifung dient ein kräftiges hölzernes Kielschwein in der Mitte des Bodens, das „Kolsum“ (wohl das englische Keelson = Kielschwein) genannt wird, und zwei hölzerne innere Seitenstringer (Weger). Es wird zum Bau der Boidacks in der Regel nur Kiefern- und Fichtenholz in schwachen Abmessungen verwendet. Das Steuerruder ist als Schwebe- und Wippruder angeordnet und recht wirksam. Die vorne und hinten stark zugeschärfte Form ohne Ablauf ist ziemlich zweckmäßig, abgesehen von der starken Lehnung. In neuester Zeit baut man in Ostpreußen boidackartige Schiffe auch aus Eisen oder Stahl bis zu 400 t Tragfähigkeit. (1912) [7]

Boidack, Abb. 29 und 30 (1912) [8]
Boidack, Abb. 31 (1912) [9]

Der Name für diesen Bootstyp stammt wohl von dem polnischen Bajdak (auch Bojdak), und dieser ist dem ukrainischen Sprachgebrauch entlehnt. Der Bootstyp wurde vorwiegend auf den Flüssen der Ukraine, Weißrusslands und Russlands für unterschiedliche Zwecke verwendet, siehe Bajdak.

Über Boydaks schreibt der memelländische Schriftsteller Paul Brock folgendes:
Aber „Segel" waren nicht gleich „Segel", wie es dem Laien erscheinen mochte. Vorherrschend waren die „Boydaks", leichter gebaute Fahrzeuge mit und ohne Verdeck, Zwei- oder Einmaster. Ihre Segel wurden von einem einfachen Gestänge, einem einzelnen Baum, der vom Fuße des Mastes schräg aufwärts führte, in den Wind gebreitet. Ganze Dynastien gab es unter den „Boydakschiffern". Da war die Familie der Bartenwerfers, die mit den Plauschenats, den Preugschats, den Jegmenats, mit den Matschulats, den Schlenthers und Jahnkes verwandt und verschwägert waren. Zwischen ihren Urgroßvätern und Urenkeln dehnte sich das eigentliche Zeitalter der Schiffer. Sie hatten in Wischwill, in Schmalleningken und in Trappönen ihre Heimathäfen. Sie waren bei den Maklern in Kowno wie in Königsberg bekannt. Man sah ihre Fahrzeuge an den Ladebrücken der Sägewerke und Ziegeleien, an den Lagerplätzen der Zellstofffabriken, an den Kais, wo sie den Weizen luden und den Silos, da sie den Weizen löschten; man sah sie längsseits der großen Überseedampfer, aus deren Leibern sie Kohlen oder Stückgüter übernahmen, und man sah sie wie große, schlafende Tiere in den Winterhäfen, ruhend bis zum erweckenden Frühjahr. [10]

Wittine

Die Wittinne (Abb. 32) ist ein roh aus Fichtenholz gezimmertes Schiff, das aus Rußland stammt und ursprünglich nur zu einer einmaligen Fahrt auf dem Memelstrom und dem Pregel abwärts bis Königsberg oder auf der Weichsel abwärts bis Danzig bestimmt war. Die Tragfähigkeit geht bis zu 300 t. Die Abmessungen schwanken von 20 m bis 65 m Länge und von 5 m bis 7 m Breite. Die Seitenhöhe ist 1,5 m bis 1,8 m und der Tiefgang höchstens 1,2 m.

Der das Mittelschiff einnehmende Laderaum hat ein dachartiges Verdeck aus losen Brettern, die auf leichten Sparren und Ständern ruhen. In der Mitte ist es hoch gehoben, damit das dort am Boden in der Gate reichlich angesammelte Leckwasser durch Wurfschaufeln über Bord geschafft werden kann. Der vorne und hinten scharf zugeschärfte Schiffskörper ist nur aus leichten, dünnen Brettern gebaut, deren Fugen gewöhnlich mit Moos gedichtet werden. Das lange Streichruder ruht in einem Ausschnitt der Bordwand neben dem Hintersteven, an dem es durch Seile locker befestigt ist. Früher wurden die Wittinnen am Ende der Reise in Königsberg und Danzig verkauft und meistens zerschlagen; zuweilen wurden sie aber noch längere Zeit im Ortsverkehr zur Beförderung von Baustoffen u. dgl. benutzt. In neuerer Zeit kommen nur sehr wenig Schiffe dieser Art nach Deutschland. (1912) [11]

Wittine, Abb. 32 (1912) [12]


Die Herkunft des Namens dieses Bootstyps ist umstritten. Die ursprüngliche Bezeichnung Wicina kann sowohl russischer Herkunft sein, aber auch eine litauische Abstammung ist nicht ausgeschlossen, siehe: Die Memel, Wittinen und die Binnenschiffahrt nach Königsberg. [13]

Die Segelschifffahrt auf heimatlichen Strömen und Haffen

Der memelländische Schriftsteller Paul Brock, der selbst einer Schifferfamilie entstammt, gibt in einem Artikel des Ostpreußenblatts von 1951 einen anschaulichen Einblick in das Leben der Binnenschiffer und deren Familien und in die Eigenarten der Kahnschifffahrt zwischen dem Memelland, Kowno, Königsberg und Danzig (S. 3, 4 u. 8): Schön und hart war das Leben der Schiffer [14]

Raddampfer "Grenzland"

"Alles über die Grenzland. Aus dem Buch "Emden, Fotografien von gestern und heute" und weiteren Aktenstücken aus meinem Archiv: Gerade erst ist die neue Promenade am Ratsdelft mit dem Hafentor fertiggestellt worden, das durch den Steinmetzmeister Thomas Buss 1962/63 restauriert wurde. Das Hafentor, welches bis etwa 1862 ein Bestandteil der Emsmauer war, wurde abgebrochen und auf dem städtischen Bauhof gelagert. Im Garten der ”Kunst” in der Großen Straße 34 wurde das Tor, welches von Martin Faber 1635 entworfen wurde, wieder aufgebaut. Auch heute noch ist die Inschrift, die den frommen Bürgersinn der Zeit wiedergibt, lesbar: ”ET PONS EST EMBDAE ET PORTUS ET AURA DEUS.” (Gott ist Emdens Brücke, Hafen und Segelwind). Neben dem neu errichteten Hafentor erhielt das Gaststättenschiff ”Grenzland” ihren letzten Ankerplatz in Emden, bevor das Schiff am 19. Juli 1966 gegen 12.15 Uhr den Ratsdelft verließ, um nach Amsterdam gebracht zu werden. Der vorherige Eigentümer Wilhelm Skorloff verkaufte den ehemaligen Raddampfer an den Holländer Richard de Hen. Bevor die Leinen von dem neuen Eigner gelöst wurden, war Wilhelm Skorloff bereits davon gefahren, da viele seiner Erinnerungen eng mit dem Schiff verbunden waren. Den 1904 erbauten Raddampfer erwarb Skorloff 1932. Der frühere Heimathafen Pillau wurde am 25. April 1945 von der 29. sowjetischen Armee besetzt. Kurz vor der Besetzung gelang ihm und 300 weiteren Menschen an Bord seines Dampfschiffes die Flucht aus Ostpreußen über die Ostsee in den Westen. Sein weiteres Schicksal war mit dem ehemaligen Dampfschiff eng verbunden. Im Ratsdelft lag seit 1948 die ”Grenzland”, deren Maschine 1949 bereits ausgebaut und verkauft wurde. Neben dem Hafentor liegt heute in der Winterzeit vertäut das ehemalige Fahrgastschiff” Deutsch-Sowjetische- Freundschaft”, welches nach der Wende 1989 in ”Freundschaft” umbenannt wurde. Im Sommer liegt das Schiff als Segelschule im Hafen von Norderney. Im Sommer 1944 wurden Flüchtlinge mit der Grenzland transportiert und zwar entlang der Kurischen Nehrung von Memel nach Cranzbeek in Ostpreussen. Auch entlang der Frischen Nehrung liefen Transporte von Memel bis Tolkemitt. Ende 1944 brachte der Kapitän Joh das Schiff unversehrt nach Pillau. Dort wurden noch Verwundetentransporte von Braunsberg nach Pillau durchgeführt. Als letzte Zivilschiffe verließen die Grenzland und Herbert den Hafen Pillau um nach Hela zu dampfen. Über die Ostsee gelangte die Grenzland nach mehreren Umwegen in den Westen. Nach dem Kriege erhielt die Grenzland in Hamburg einen festen Liegeplatz und diente dort als Reisebüro. Von 1946 bis zur Währungsreform verkehrte die Grenzland auf der Linie Lübeck - Travemünde. Danach plante der Reeder Wilhelm Skorloff einen Seebäderverkehr zu den Ostfriesischen Inseln, was jedoch nicht mehr gemacht wurde. Als Wartehalle für Ommibusreisende und Gaststättenschiff lag die Grenzland dann an verschiedenen Platzen im Ratsdelft. 1966 verkaufte Skorloff das Gaststättenschiff nach Holland, wo es durch eine Unachtsamkeit im Waal-Arm versank. Das Ende eines stolzen Raddampfers der Tilsiter Memeldampfschifffahrt." *Quelle: Dietrich Janßen, Emden[15]

Weitere Einzelheiten zur Geschichte des Raddampfers "Grenzland" finden sich unter Freya (Schiff, 1904).


Kahnschiffer im Ortsfamilienbuch Memelland

Kahnschiffer im Ortsfamilienbuch Memelland 'auf einer eigenen Seite'


Auszug aus der Kahndatendatei
Auszug aus der Schifferkartei

Quellen

  1. Paul Brock, Der Strom fliesst (Roman vom Memelland, 1940)
  2. Die Entwicklung der Preussischen Wasserstrassen erschienen bei Julius Sittenfeld, Berlin (1902), Tafel 30; Congressführer zum IX. Internationalen Schiffahrts-Congress, Düsseldorf 1902 (Digitalisat der Universitäts- und Landesbibliothek Münster [1])
  3. Bildarchiv Ostpreußen, www.bildarchiv-ostpreussen.de
  4. Oskar Teubert, Die Binnenschiffahrt, 1. Band, Leipzig 1912, S. 265-267, Verlag von Wilhelm Engelmann
  5. Oskar Teubert, Die Binnenschiffahrt, 1. Band, Leipzig 1912, S. 266, Verlag von Wilhelm Engelmann
  6. Oskar Teubert, Die Binnenschiffahrt, 1. Band, Leipzig 1912, S. 266, Verlag von Wilhelm Engelmann
  7. Oskar Teubert, Die Binnenschiffahrt, 1. Band, Leipzig 1912, S. 267, Verlag von Wilhelm Engelmann
  8. Oskar Teubert, Die Binnenschiffahrt, 1. Band, Leipzig 1912, S. 268, Verlag von Wilhelm Engelmann
  9. Oskar Teubert, Die Binnenschiffahrt, 1. Band, Leipzig 1912, S. 268, Verlag von Wilhelm Engelmann
  10. Das Ostpreußenblatt, Organ der Landsmannschaft Ostpreußen e. V. vom 20. Januar 1951, S. 3 [2]
  11. Oskar Teubert, Die Binnenschiffahrt, 1. Band, Leipzig 1912, S. 267/268, Verlag von Wilhelm Engelmann
  12. Oskar Teubert, Die Binnenschiffahrt, 1. Band, Leipzig 1912, S. 268, Verlag von Wilhelm Engelmann
  13. Litwin, Jerzy (2000). Die Memel, Wittinen und die Binnenschiffahrt nach Königsberg. Deutsches Schiffahrtsarchiv, 23, 373-394. [3]
  14. Das Ostpreußenblatt, Organ der Landsmannschaft Ostpreußen e. V. vom 20. Januar 1951, S. 3, 4 u. 8 [4]
  15. Dietrich Janßen, Emden